Das Drama Dreieck: Wie zuhören hilft, aus unproduktiver Kommunikation auszusteigen

„Ich habe dich als Expertin für das Drama-Dreieck empfohlen und wie wir produktivere Kommunikation zu den Schnittstellen gestalten können“ – als ich das von einer Coachee hörte, war ich überrascht. Mit einem Zwinkern sage ich „habe mich nie als solche gesehen“. Danach denke ich, wieso eigentlich nicht? Schließlich ist es für mich ein Modell, was oft im Hinterkopf mitläuft und ich fast in jedem Coaching und Workshop beobachte. Und in welchem ich mich auch noch oft genug ertappe. Mittlerweile – dank einem bewussten Wahrnehmen und Zuhören nach innen und außen, erkenne ich sehr viel früher, dass ich „drin“ bin. Sprich: Ich weiß anhand körperlicher oder psychischer Empfindungen, dass ich im Drama-Dreieck mitspiele und steige aus. 

Was ist das Drama-Dreieck

Das Drama-Dreieck ist ein Modell aus der Transaktionsanalyse. Es beschreibt typische, destruktive Kommunikations- und Beziehungsmuster. Im Drama-Dreieck gibt es drei Rollen: 

  1. Der Retter: Diese Person versucht, anderen zu helfen oder sie zu „retten“, auch wenn dies nicht nötig oder gewünscht ist. Sie tut dies oft, um sich selbst wertvoll zu fühlen, kann aber auch andere dadurch entmündigen und ihnen Eigenverantwortung entziehen und sie dadurch in ihrer Opferrolle bestätigen. 
  2. Das Opfer: Diese Person fühlt sich hilflos, benachteiligt oder bedauert sich selbst. Sie übernimmt wenig Verantwortung für die eigene Situation und erwartet, dass andere sie retten oder für sie sorgen. Das Opfer fühlt sich oft machtlos und leidet, ohne nach Lösungen zu suchen oder auch vorhandene Lösungen und Gestaltungsspielräume zu sehen. 
  3. Der Angreifer: Diese Person greift andere an, kritisiert oder bestraft sie und macht ihnen Vorwürfe. Sie fühlt sich oft im Recht und glaubt, andere kontrollieren oder „zurechtweisen“ zu müssen. Der Verfolger erzeugt dadurch Angst oder Schuldgefühle bei den anderen. 

Das Dreieck ist schnell skizziert. Es ist bewusst ein Dreieck, weil sich sowohl Retter als auch Angreifer dem Opfer überlegen fühlen. 

Wie erkenne ich die verschiedenen Rollen bzw. dass das Drama gespielt wird? 

Das Opfer erkennen wir daran, dass alles schlecht ist, nicht funktioniert oder/und dass die eigenen Fähigkeiten nicht ausreichen „mir gelingt das nie“, „ich kann das einfach nicht“, „wie soll das gehen“, „das brauche ich doch gar nicht probieren“. Das Gute an der Position: ich brauche nichts tun und kann passiv bleiben. Gleichzeitig vermeidet die Person, Bedürfnisse zu äußern und die eigenen Kompetenzen und Stärken einzusetzen. Mögliche und tatsächliche Handlungsspielräume werden ausgeblendet, nicht gesehen. 

Sehr typisch sind sogenannte Köder vom Angreifer mit absoluten Begriffen. Er oder sie verwendet zum Beispiel „Immer“, „nie“, „keiner“. Die gesamte Person wird angegriffen und nicht nur das Verhalten. Es sind absolute und pauschale Aussagen, die oftmals laut genannt werden. „Das hilft doch alles nicht, das hat noch nie funktioniert, was haben die da oben sich denn wieder ausgedacht, die haben doch keine Ahnung!!!“ Die angreifende Person fühlt sich den anderen Beteiligten deutlich überlegen und übersieht dabei, die Mitverantwortung an der Situation. Es ist für diese Person leichter auf die anderen zu zeigen, als zu reflektieren, was man selbst dazu beigetragen hat oder beitragen könnte. Die Angriffe können oftmals auch sachlich nicht gut begründet werden – „ist so ein Gefühl“. Andere Standpunkte wollen oftmals nicht gehört und gesehen werden.

Die rettende Person hilft, ohne dass sie explizit gebeten wurde. Gibt ungefragt Ratschläge, ist überfürsorglich und geht in die Überverantwortung. „Da musst du dies oder das unbedingt machen.“ oder auch ein Übernehmen von Aufgaben, die naturgemäß bei der anderen Person liegen. Bevor es delegiert und gut erklärt wird, macht man es selbst ist ein Beispiel. 

Sich selbst zuhören hilft, schneller aus dem Drama-Dreieck auszusteigen

Die Positionen können in einem Gespräch schnell wechseln. Als Coach beobachte ich mich, wie ich oftmals dazu verleitet werde und es auch selbst attraktiv finde, in die Retterrolle zu gehen und ungefragt Tipps und Empfehlungen auszusprechen. Dem Köder widerstehe ich immer mehr (bestimmt nicht immer) und stoppe mich innerlich, und frage den/die Coachee, was die eigenen Gedanken und Lösungsideen sind oder auch im weiteren Verlauf, ob Ratschläge und Tipps gerade gewünscht sind oder was jetzt im Gespräch gut wäre. Es ist ein inneres Zuhören der Gedanken, was hier für mich Warnsignale sind „Achtung Drama-Dreieck, nicht retten wollen.“ Zugleich merke ich es daran, dass ich mit meinen Vorstellungen zur Lösung eher bei mir und vorgefertigt bin, statt offen in den Prozess zu gehen und auch offen für das Potential der Person zu sein. Hauptmerkmal ist für mich zum einen ein ungeduldiges Gefühl. Zum anderen merke ich es daran, dass ich mir in der Vor- oder auch Nachbereitung von Terminen sehr viel Gedanken mache, was ich alles tun könnte, was mir noch einfällt, um die Situation oder die Person zu retten. 

Bekomme ich innerlich „Puls“ ist dies ein starkes körperliches Zeichen, dass ich auf dem Weg ins Drama-Dreieck bin. Entweder weil ich mich angegriffen fühle oder weil ich selbst im Angreifer-Modus bin. Dies passiert nicht nur in tatsächlichen Situationen, sondern auch, wenn ich Situationen im Kopf durchspiele. Dann heißt es für mich: runter vom inneren Podest. Zuhören, nachfragen, was die andere Person genau meint, was sie vorschlägt oder auch, was der eigene Anteil, die Mitverantwortung an der Situation ist. 

„Immer dann, wenn Sie anfangen, für andere Menschen zu denken, zu fühlen oder zu handeln, stehen Sie mindestens mit einem Bein im Drama-Dreieck“. 

Dieser Hinweis von Claus Nowak und Daniela Lau hat mir sehr geholfen. Immer wenn ich innerlich mit anderen am Diskutieren bin und zu viele innere Dialoge höre, weiß ich „Achtung“. Dann stoppe ich mich. Reflektiere meine Rolle in der Situation: Wofür bin ich da und verantwortlich und was sind meine Erwartungen an die anderen beteiligten Menschen, was triggert mich/womit bin ich nicht einverstanden, was ist mein Vorschlag und was ist ein konkreter nächster Schritt, den ich tun kann? Ist es direkt in einem Gespräch bedeutet dies „einfach“ tief zu atmen und ruhig nachzufragen oder das Gehörte zusammen zu fassen und die eigene Sichtweise ruhig zu schildern. Ertappe ich mich dabei, endlos zu grübeln und mit den Mitspielern innerlich am Tisch zu sitzen, mache ich mir Notizen und entscheide, was ich konkret tun werde.  

Das Drama-Dreieck gibt es überall: in unseren engsten Beziehungen, im Job, auf der Party, in der Politik. Es sind Spielchen, die wir zum Zeitvertreib spielen. Die auf eine subtile Art auch Spaß machen. Wir zeigen im Drama-Dreieck unsere Grundüberzeugungen zu Themen – statt konstruktiv Probleme zu lösen. Das ist im ersten Moment okay und hilft, sich gegenseitig einzuschätzen, eine gemeinsame oder auch gegenteilige Sicht auszutauschen und laut zu diskutieren. 

Brauchen wir mehr Drama-Dreieck? Nein. Wir brauchen einen erwachsen, zukunftsorientierten, lösungsorientierten Dialog – in unseren Beziehungen, bei der Arbeit, bei politischen Diskussionen auf Parties oder Familienfeiern. 

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