“An welchem Buch schreibst du gerade?” ist die Frage, die mich immer überrascht und gleichzeitig freut, wenn ich sie in meinem Familien- und Freundeskreis höre oder auch von Kunden. Obwohl das Schreiben sehr zu mir gehört, fühle ich mich nicht als Autorin. Denn das Schreiben passiert nebenbei bzw. direkt morgens als erstes, bevor ich meiner Haupttätigkeit als Coach und Prozessbegleiterin nachgehe.
Die letzten Monate habe ich mich bei der Frage eher rausgeredet. Ja, ich schreibe, aber es ist noch nicht so klar, wo es hingeht. Irgendwas mit Selbstführung und Zuhören. Und vielleicht verarbeite ich meine letzten Ultralauferfahrungen. Zuhören finde ich wichtig und je mehr ich über das Zuhören lerne und es praktiziere, umso mehr erkenne ich, wie viel Luft nach oben ich noch habe. Doch über das Zuhören schreiben? Das kommt mir doch sehr komisch vor. Schließlich will zuhören erlebt werden.
Dennoch lässt es mich nicht los. Und mit der Zeit, über den Sommer, den Herbst, nach Sommergrippe und langwieriger Laufverletzung erkenne ich an mir selbst, wie herausfordernd es ist, sich selbst, und vor allen Dingen dem Körper zuzuhören. Mit einer guten Haltung. Offen. Neugierig. Also so wirklich. Um es dann zu akzeptieren, was der Körper mir so erzählt und was er braucht. Und ich erlebe in Beziehungen (persönliche oder im Job), wie viel besser ich zuhöre, wenn ich innerlich ruhig bin. Wenn ich mein inneres Kopfkino akzeptiere und reguliere. Und ich stelle immer wieder fest, wie sehr mich meine letzten Ultralauf-Erfahrungen geprägt haben und wie viel ich daraus für die innere Haltung und die Selbstführung gezogen habe. Indem ich die inneren Selbstdialoge bewusst gesteuert habe und mich selbst über 70 km sehr wohlwollend, mitfühlend und wertschätzend durch dick und dünnen und den tiefsten Matsch geführt habe.
All dies, die Selbstgespräche, das innere Zuhören und die vielschichtigen Aspekte der inneren Haltung sind nicht laut. Sie sind still. Sie passieren, ohne dass ein anderer sie sehen oder hören kann. Ich erlebe täglich selbst, wie kraftvoll sie sind. Sehe es bei Coaching-Kunden, wie ein kleiner Wechsel der inneren Haltung Potentiale freisetzt.
Und so entstand nach und nach die Kernidee vom neuen Buch.
Der Arbeitstitel steht:
Stille. Kraft. Mit Haltung und innerem Zuhören zu echter Selbstführung.
Mehr innehalten – weniger ausbrennen.
Mehr Liebe – weniger Leistungsdruck.
Mehr Körper – weniger Kopf.
Mehr Zuhören nach innen – weniger Ratgeber von Außen.
Seit Anfang Oktober bin ich nun im neuen Schreibprozess. Mit allem. Euphorie, zündende Ideen, Frust und Lust über das Wortfinden, das zigfache Umherschieben von Kapiteln, Ausprobieren von Strukturen, Stichworte, Formulieren. Wer glaubt, dass ein Buch bei romantischem Kerzenschein geschrieben wird, irrt. Das wenigste ist kreativ: Das sind die 20% aus dem Pareto-Prinzip, die 80% des Outputs bringen – die Idee finden, das Grundgefühl, der rote Faden. Der Rest ist Disziplin, Ausdauer und viel Geduld mit mir selbst. Mittlerweile kenne ich den Prozess aus den anderen Büchern. Dabei ist jedes Buch und jede Entstehung anders. Auch wenn der Prozess ein hoch und runter von Stimmungen, Fortschritten sowie Zweifeln und Selbstbewusstsein ist – ich mag diesen Prozess. Und manchmal akzeptiere ich ihn einfach nur. Wohlwissend, dass es alles dazu gehört.
Eines ist mir wichtig. Ich möchte diese Buch aus meiner stillen Kraft schreiben – und nicht aus einem Gefühl des Müssen und des Gehetzseins.